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Reisen in Großbritannien·Reisegeschichte VI

Schafe mit schwarzem Gesicht

von Annerose Lohberg-Goelz

Clarissa ist ungeheuer dick und ungeheuer sympathisch. Wenn sie um die Ecke des Küchentrakts von Lennoxlove House fegt und ihre Gäste fragt, was sie essen möchten, ist man von der ersten Minute an in ihren Bann gezogen. Lennoxlove House ist eigentlich ein Schloss bei dem Städtchens Haddington - eines von vielen im Süden Schottlands.

Lennoxlove House

Kevin Rae, Lennoxlove HouseCC BY-SA 2.0

Es liegt in einem großen Park und man kommt hierher, um sich in die schottische Historie einzuarbeiten. Da dies nicht ganz einfach ist, tut man gut daran, erst einmal Clarissas Scones zu probieren. Scones sind kalorienreiche süße Brötchen, die mit Himbeermarmelade und dicker Sahne bestrichen, einen die anschließende Führung durch das Herrenhaus besser überstehen lassen. Lennoxlove House ist seit dem 14. Jahrhundert der Sitz der Dukes of Hamilton - der derzeitige Herzog sammelt Motorrad-Oldtimer und bewahrt ansonsten die umfangreiche Kunstsammlung seiner Vorfahren für die Nachwelt. Er schreibt auch Bücher, früher war er Flieger.

Es ist heutzutage nicht einfach, einen solch großen Besitz zu erhalten. Deshalb sind viele Angehörige des Hochadels gezwungen, ihre Schlösser und Besitzungen zeitweise für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen und ihre Räumlichkeiten zu zeigen. Das gilt auch für den 15. Herzog von Hamilton, obwohl er großen Wald- und Ackerbesitz sein eigen nennt und außerdem ein ansehnliches Gehalt als Parlamentsmitglied bezieht. Immerhin ist es verbürgt, dass Maria Stuart, die unglückliche Königin von Schottland, die später hingerichtet wurde, für eine Weile in seinem Schloss lebte. In einer Vitrine kann man das silberne Kästchen sehen, in dem die gefälschten Briefe aufbewahrt werden, die zu Maria Stuarts Hinrichtung führten.

Mir ist die quicklebendige dicke Köchin Clarissa lieber, die auf ihrem Motorrad durch die Lande braust und in allen Fernsehstationen die schottische Küche vorführt, mit der sie weit berühmter wurde als in ihrem früheren gelernten Beruf - sie war Staatsanwältin. In ihrer Schlossküche ist sie mehr zuhause als im Gerichtssaal. Und wenn man sie zwischen blitzenden Töpfen und erlesenem Porzellan ihre Lehrbuben herumkommandieren sieht, macht sie es einem leichter, der strengen Schlossführerin zu folgen. Clarissas witzige Anmerkungen lockern die Atmosphäre auf.

Die Landschaft erinnert an Norwegen

Die schottische Küche ist überhaupt ein guter Einstieg in dieses Land ganz im Norden Großbritanniens. Nur wenig kleiner als beispielsweise Österreich, unterscheidet sich Schottland nicht nur durch die Küche von seinem Mutterland, sondern auch in vielen anderen Dingen. Die Landschaft erinnert an Norwegen und hat, wie dieses, viel Wasser und Fjorde. Die zehn Millionen Schafe mit ihren schwarzen Gesichtern, die auf den weiten grünen Hügeln Tag und Nacht grasen, liefern den Schotten nicht nur wunderbare Wolle, sondern auch bestes Fleisch. Das wiederum versteht man hier aufs Beste zuzubereiten. In den Flüssen schwimmen Lachse und andere Fische; die dunkle Erde bringt erstklassige Kartoffeln und anderes Gemüse hervor. Die Schotten lieben es deftig und reichlich, und zwar bereits zum Frühstück. Solide, gute Hausmannskost zu moderaten Preisen findet man in den gemütlichen Kneipen und Restaurants im ganzen Land.

Wer jedoch glaubt, dass er hier das Nationalgetränk Whisky billig einkaufen kann, irrt gewaltig. Zur Zeit kostet im Supermarkt die preiswerteste Flasche um 20 Pfund - das sind etwa 30 Euro. Die guten Sorten sind noch wesentlich teurer. Das meiste davon kassiert die Steuer.

Die Geschichte dieses hochprozentigen Getränks beginnt im frühen Mittelalter - zum erstenmal schrieb ein Mönch im Jahre 1494 darüber. Historiker glauben aber, dass schon viel früher die armen Bauern im Hochland sich ihren Whisky (übrigens ohne e geschrieben - "Whiskey" schreibt man ihn in Irland) aus Gerstenkörnern, Hefe und klarem Quellwasser gebrannt haben. Natürlich war das schon damals nicht legal, aber getrunken wurde Whisky von jedem. Selbst neugeborenen Babys gab man einen Löffel davon zur Beruhigung.

Im 18. Jahrhundert hatte die Hauptstadt Edinburgh acht genehmigte Brennereien, aber 400 illegale. In Edinburghs Royal Mile gibt es ein interessantes Museum, in dem man, auf einem Whiskyfass sitzend und auf einer Schiene fahrend, alles über das beliebte Getränk, dessen Herstellung und den Unterschied zwischen Malz- und Getreidewhisky erfahren kann. Es gibt unendlich viele Mischungen und nur der wahre Kenner kann die einzelnen Sorten am Geschmack unterscheiden. Sicher ist, dass in Schottland die besten Voraussetzungen zum Brennen von Whisky gegeben sind: Das feuchte Klima und das torfige weiche Wasser lassen ihn für manche Genießer besser schmecken als den irischen Whiskey, den es wahrscheinlich noch früher gab. Der Vatikan kauft immerhin im Jahr 1800 Flaschen in Schottland ein. Whisky ist also ein wichtiger Exportartikel für das Land - offizielle Brennereien gibt es derzeit etwa einhundert.

Jedermann denkt, wenn man von Schottland spricht, sofort auch an den Schottenrock mit seinen typischen quadratischen Mustern und intensiven Farben. Es gibt etwa 2000 verschiedene Karomuster, doch der "Tartan", wie der Schottenrock heißt, wird heute fast nur noch bei festlichen Anlässen getragen. Dennoch werden jedes Jahr neue Muster erfunden, denn die Produktion der Schottenstoffe ist ein wichtiger Teil der Industrie. Während früher jede Familie, jeder Clan also, sein eigenes bestimmtes Muster trug, kann heute jedermann jedwedes Karo tragen - in allen Farben, die er sich wünscht.

Scottish mercenaries in the Thirty Years War

Zahllose Geschichten ranken sich um den Schottenrock und die verschiedenen Farbstellungen. So war beispielsweise das Karomuster eines der heutigen schottischen Hochlandregimenter - dunkelblau und dunkelgrün - früher das Muster des "Black Watch Tartan", der Viehwächter, die nachts auf den Weiden postiert wurden, um die wertvollen Schafe vor Dieben zu schützen, weshalb das Muster sehr dunkel sein musste.

Gesellschaftsfähig wurde der Schottenrock 1822, als der englische König Georg IV. Schottland besuchte und zum erstenmal öffentlich den Tartan trug.

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