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Reisen in Belgien·Gastronomie I

999 kulinarische Dialekte

von Annerose Lohberg-Goelz

Nostalgie weht durch Brüssels Straßen und Gäßchen, die ohnehin schon nostalgische Namen tragen wie die "Rue Char et Pain", die Fleisch- und Brotstraße, die Heringstraße, die Butterstraße, die Johannisbeergasse und wie sie alle heißen. Sie sind nicht weit weg von Brüssels Grand-Place aus dem 12. Jahrhundert mit seinen Innungshäusern, die noch heute von der Bedeutung der alten Handwerksberufe zeugen.

Bildquelle: Vineyard, Westhoek (c) www.milo-profi.be
Bildquelle: Vineyard, Westhoek (c) www.milo-profi.be

Das Beste an Belgien ist seine Landschaft und das, was sie hervorbringt. Man hat ja alles vor der Haustür, was man braucht, um Leib und Seele zusammenzuhalten. Welches Land kann eine solche Fülle an Sinnlichem und Ästhetischem vorweisen? Zu leben wußte man hier schon immer. Auf den üppigen Gemälden der flämischen Meister kann man es sehen. Die ersten gastronomischen Bruderschaften der Welt wurden in Belgien gegründet, die älteste ist der "Ordre des Agathopèdes". Er ging aus einem Geheimbund hervor, dessen Spuren man bis ins Jahr 1585 verfolgen kann. Im Siegel führt die Bruderschaft die Losung "Der gute Geschmack natürlicher Gerichte". Das wollen auch all die vielen anderen gastronomischen Bruderschaften verwirklichen - die des Ardennenschinkens, die der Erdbeeren und auch die der Geraardsberger-Maton-Torte (für deren Güte die Qualität der Milch ausschlaggebend ist). Die Angehörigen dieser Bruderschaften verwenden nur unverfälschte Naturprodukte. Dieses Ziel verfolgen sie mit großem Engagement.

Die Langeweile der sogenannten Internationalen Küche wird bewusst abgelöst durch die Hinwendung zur regionalen Küche des Landes. Die Chefs selbst großer Häuser wandern hinaus, um eigenhändig Sauerampfer zu pflücken, den sie ihrem Gast mit einem Dressing aus Naturprodukten des nächsten Bauernhofes servieren. Sie befragen die Hausfrauen in der Provinz nach alten Familienrezepten, wägen die Zusammenstellung der Speisen im Kopf, die Zusammensetzung auf der Küchenwaage und präsentieren mit viel Liebe ihre "Regionale Küche", neu durchdacht.

Bildquelle: Tourismus Flandern-Brüssel (c) The Flemish Primitives (2011)
Bildquelle: Tourismus Flandern-Brüssel
(c) The Flemish Primitives (2011)

Belgien hat neun Provinzen und 999 kulinarische Dialekte. Die Hauptstadt Brüssel vereinigt alles. Die Spezialitäten der einzelnen Regionen werden dort in unendlich vielen kleinen Kneipen, aber auch in Luxusrestaurants serviert. Wenn es ums Essen geht, ist man sich in Belgien einig.

Es ist kein billiges Land. Wer viel reist, wird das bestätigen. Der Gourmet ist bereit, für ein ausgefallenes, gut gekochtes und perfektserviertes Essen Geld auszugeben.

Eine gastronomische Reise durch Belgien

In Belgien werden vor allem Produkte verwendet, die gartenfrisch in der Umgebung wachsen. Auf diese Weise ist ganz von selbst die Rückkehr zu der Kochkunst geschehen, die unsere Vorfahren übten, als sie noch nicht in der Lage waren, Lebensmittel und Zutaten täglich aus aller Herren Länder zu beziehen. Man musste das kochen, was auf den Wiesen wuchs, in den Wäldern gejagt und aus den Bächen gefischt wurde.

Eine gastronomische Reise durch Belgien könnte in der Provinz Antwerpen beginnen. Schon seit den Zwanzigerjahren betreibt man dort auf den kleinen Bauernhöfen hauptsächlich den Anbau von Sommergemüse. Man nannte diese Gegend den "Europäischen Garten der Suppenkräuter". Trotz der Furcht vor unbeständiger Witterung haben die Gemüseanbauer ständig neue Züchtungen hervorgebracht und sich damit Weltruf erworben. In Mecheln hat man zuerst mit dem Gemüseanbau unter Glas begonnen. Heute ist eine Industrie daraus geworden. Bester Spargel kommt aus dieser Gegend; in Geel ist sein Zentrum. Nach wie vor in den charakteristischen Erdwällen gezogen, verlangt er Fachkenntnis und Handarbeit. Mit dem Stechen, also der Ernte, beginnt man Mitte April. Es endet exakt und traditionell mit einem Fest am 24. Juni, dem Tag von Johannes dem Täufer. Dann sind in Belgien 10 000 Tonnen Spargel geerntet worden - die Hälfte für den Eigenbedarf.

Bildquelle: Tourismus Flandern-Brüssel (c) The Flemish Primitives (2011)
Bildquelle: Tourismus Flandern-Brüssel (c) The Flemish Primitives (2011)

Auch Blumenkohl ist in der Provinz Antwerpen zuhause, denn die Belgier sind Liebhaber dieses Gemüses. Fünf Kilo isst jeder im Jahr. Man kann hier ungewöhnliche Blumenkohl-Variationen finden. In die berühmte Mechelner Blumenkohlsuppe kommen auch Lauch, Sellerie und Zwiebeln, die man alle im Mixer püriert und mit kochender Milch verlängert. Ein Stückchen Butter darf nicht fehlen; Feinschmecker geben eine Handvoll frischer Krevetten hinein.

Eine Besonderheit ist der belgische Chicoree. Er heißt hier "witloof", was soviel wie "weiße Blätter" bedeutet, wird schon seit über hundert Jahren hauptsächlich in der Gegend um Leuwen und Mecheln angebaut und ist Belgiens stärkster Gemüse-Exportartikel. Der Anbau von Chicoree ist nicht einfach und bedarf großer Erfahrung. Manche Erzeugerfamilien haben ihr eigenes "Geschäftsgeheimnis", das sie nur ihren Söhnen vererben. Immerhin verdanken wir es den belgischen Chicoree-Anbauern, dass man jetzt bereits ab September und bis in den Mai hinein dieses Gemüse kaufen kann.

Neu für unseren Gaumen war eine Lauch-Kreation, die wir in dieser Gegend versuchten. Der Lauch wurde uns in hauchdünnen Scheiben mit ebenso hauchdünn geschnittenem Ziegenkäse gereicht: Das Ganze war leicht erwärmt.

Machen wir einen Sprung aus der Provinz an die Küste! Kommt der bessere Aal aus dem alten Scheldearm in Antwerpen oder aus Nieupoort in Ostflandern? Dies ist eine Frage, die noch immer diskutiert wird, zum Glück aber keinen Einfluss auf die Vielfalt der Aalgerichte hat, die man in dieser Region finden kann. Den Aal mit Kräutern, warm oder kalt auf den Tisch gebracht, kennt jeder Feinschmecker. Doch nirgends wird er ihn so vollendet und abgerundet essen können wie hier. Gelegentlich schwimmt er in Bier.

Da wir gerade vom Bier reden, sei eine Abschweifung erlaubt. Man kann in über 54 000 Bierverkaufsstellen einkaufen. Soviele sind auch nötig, denn der Belgier trinkt durchschnittlich 126 Liter Bier im Jahr. Die Brauereizünfte waren einst ungeheuer mächtig. Die Mönche in den bierbrauenden Klöstern taten ein übriges dazu, indem sie auch an Fastentagen ihr trockenes Brot "cum aqua aut cervesia", mit Wasser oder Bier, befeuchteten. Der Schutzheilige der belgischen Bierbrauer ist denn auch ein Abt, Sankt Arnold von Tiegem nämlich, der feststellte, dass man mit dem Trinken von Bier Epidemien besser wiederstehen könne als mit jedem anderen Getränk.

Bier - Bildquelle: Tourismus Flandern-Brüssel (c) www.milo-profi.be
Bildquelle: Tourismus Flandern-Brüssel (c) www.milo-profi.be

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